Interview mit Arien Aguilar: „Es wird zu wenig von den Pferden erwartet“
Arien Aguilar ist Pferdemensch, Pferdetrainer, Kunstreiter, Pferdewissenschaftler und dazu ist er auch noch sympathisch und auf dem Boden geblieben! Wir haben uns auf einen Plausch mit Arien getroffen und über Pferde, Liebe und das Leben an sich gesprochen.
Wie ist es, einen bekannte Pferdetrainer als Vater zu haben? Ist es schwer, in solche Fußstapfen zu treten oder möchte man da erst mal einen ganz anderen Weg einschlagen?
Als Jugendlicher hatte ich eine Zeit, da wollte ich etwas komplett anderes machen. Ich wollte eigentlich mit anderen Tieren arbeiten und mir die Pferde als Hobby und Leidenschaft bewahren. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass ich, dadurch, dass ich von klein auf so viel von meinem Vater Alfonso Aguilar mitbekommen und gelernt habe, vielen Menschen und Pferden helfen konnte. Und dann war es auf einmal die logische Konsequenz mit Pferden zu arbeiten. Und umso mehr Pferden und Menschen ich helfen konnte, umso mehr Spaß hat mir die Arbeit gemacht. Aber es bestand natürlich auch ein gewisser Druck: die Leute erwarteten viel mehr von mir, als von anderen Pferdetrainern.
Ich habe für mich herausgefunden, dass ich meinen eigenen Weg und Stil finden muss. Mein Stil ist es, keinen Stil zu haben!
Ich finde es wichtig, von den unterschiedlichsten Trainern zu lernen und immer offen für neue Inspirationen zu sein. Das hat mir auch den Druck genommen der Sohn von Alfonso Aguilar zu sein.
Welche Trainer und/oder Ausbildungsansätze haben dich inspiriert?
Ich versuche mir immer die unterschiedlichsten Ansätze und Inspirationen zu holen. Am meisten habe ich in der Tat von Trainern gelernt, bei denen ich keinen Unterricht genommen, sondern die ich einfach nur bei Kursen oder Demos beobachtet habe und anschließend mit neuen Ideen nach Hause gehen konnte, die ich dann auf meine Art umgesetzt habe.
Du bist ja in Kalifornien geboren und in Mexiko aufgewachsen, wie kommt es, dass du so gerne in Deutschland lehrst?
Meine Mama hat immer Schweizerdeutsch mit mir gesprochen und die ersten Kurse, die ich gegeben habe, waren in der Schweiz. Dann fiel mir auf, dass man Schweizerdeutsch ja nur in der Schweiz spricht und ich habe angefangen Hochdeutsch zu lernen, da es eine große Nachfrage nach Kursen in Deutschland gab. Im Vergleich zu anderen Ländern ist es den deutschen Pferdebesitzern besonders wichtig, dass es ihren Pferden gut geht und sie eine Beziehung zu ihrem Pferd haben.
Deine Lebensgefährtin Saskia Limbeck ist ebenfalls mit Pferden aufgewachsen und ist eine engagierte Trainerin. Wie vereint ihr Beruf und Freizeit miteinander und gibt es bei euch auch mal verschiedene Meinungen zur Pferdeausbildung?
Leider haben wir nicht viel Freizeit gemeinsam, aber gelegentlich geben wir zusammen eine Demo und können dadurch mehr Zeit miteinander verbringen. Es ist einfach wichtig, die gemeinsame Zeit intensiv zu genießen. Beziehungen sind stärker, wenn man eine gemeinsame Passion hat. Bei uns gibt es auch durchaus unterschiedliche Meinungen. Jeder hat seinen eigenen Weg in der Arbeit mit Pferden. Und ganz wichtig ist es, dass jeder in unserer Beziehung seine eigene Meinung haben darf.
Wie findet man in unserer schnelllebigen Welt die richtige Energie und Balance für eine harmonische Pferd/Mensch Beziehung? Was bedeutet Horsemanship für dich?
Horsemanship bedeutet eigentlich die Kunst zu reiten, aber die meisten Leute benutzen das Wort heute nicht mehr so. Mit Pferden leben ist nicht nur ein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung. Pferde funktionieren anders als andere Haustiere wie zum Beispiel Hunde oder Meerschweinchen. Hunde haben wir aus ihrer Welt durch Domestizierung und Züchtung mit in unsere künstliche Welt genommen. Sie wurden dafür gezüchtet und erzogen. Wenn Du glücklich bist, ist es schon eine Belohnung für Deinen Hund. Das ist relativ einfach. Bei Pferden funktioniert das nicht. Bei Pferden braucht es weitaus mehr, um eine Beziehung aufzubauen. Pferde geben ein gnadenlos ehrliches Feedback! Pferde ziehen uns, wenn wir bereit und offen sind, in ihre Welt mit rein und nicht umgekehrt. Es ist eher eine Form wie Du lebst. Wenn ich bei den Pferden bin, muss ich schon vorher anfangen meine Balance zu finden und nicht erst in dem Moment.
Welches Pferd war oder ist dein größter Lehrmeister?
Jedes meiner Pferde hat mir wahnsinnig viel beigebracht. Wenn ich eines benennen soll, ist es meine Stute Juana, die mittlerweile 30 Jahre alt ist. Sie hat mir aus einer schweren Situation raus geholfen und mir vor allem Balance beigebracht und mich als Person weiterentwickeln lassen.
Wie ist es mit sogenannten Problempferden zu arbeiten, obwohl meist die Menschen das Problem sind? Wie vermittelst du dies in deiner Arbeit?
Es ist eine sehr romantische Sache zu sagen, dass immer die Menschen das Problem sind. Zu einer Beziehung gehören aber immer zwei. Heutzutage ist es eine neue Mode immer zu sagen, dass der Mensch alles falsch macht. Jedes Lebewesen auf dieser Welt macht Fehler. Pferde inklusive, Menschen definitiv!
Echte Problemfälle gibt es in meinen Kursen immer weniger. Eher übersensibilisierte Pferde, die „vermenschlicht“ werden.
Es wird zu wenig von den Pferden erwartet. Das liegt nicht in der Natur der Pferde. Wir haben die Pferde aus ihrer natürlichen Umgebung rausgeholt, wo es ihr Job war zu überleben. Jetzt sind sie einfach nur da, werden gefüttert, haben Wasser, aber keine Aufgabe! Deswegen ist es unsere Aufgabe ihnen einen neuen Job zu geben. Wir haben uns von zu viel negativem Druck in der Pferdeausbildung in ein anderes Extrem entwickelt, in dem das Pferd nur positiv behandelt werden soll. So lässt sich keine echte Beziehung zum Pferd aufbauen. Es ist einfacher eine Leckerlietüte zu kaufen, als eine echte Beziehung zu seinem Pferd aufzubauen.
Du arbeitest viel mit tollen jungen Kollegen zusammen – unter anderem bei der Next Generation Tour. Siehst Du hier einen Generationswechsel beziehungsweise eine neue “junge” Art mit Pferden zu arbeiten? Gibt es Freundschaften unter Trainern?
Ja, die Pferdewelt öffnet sich mehr und mehr unterschiedlichen Stilen und Ansätzen. Das kann etwas Gutes sein, aber es gibt auch mehr Extreme und man muss etwas aufpassen, sich nichts verkaufen zu lassen, sondern in sich reinhören und dem eigenen Bauchgefühl folgen. Es gibt durchaus Freundschaften unter Trainern. Trainer, die wirklich versuchen eine Freundschaft mit Pferden aufzubauen, sind auch grundsätzlich gut darin Freundschaften pflegen.
Dein umfassender Haftpflichtschutz für deinen Freund auf vier Hufen.
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